Ante Milas – Vernisssage 9.11.2011- im FEZ Witten
Der Ruf ‚In tyrannos!“ was soviel heißt wie ,,Gegen den Herrschenden“. wurde für Christian Friedrich Daniel Schubart und den jungen Friedrich Schiller, der diesen Ruf als Untertitel seines Stücks “ die Räuber“ wählte, zum politisch-literarischen Programm. Der schwäbische Sturm und Drang hatte eine radikalere Ausprägung als andernorts; denn Schubart wie Schiller hatten landesväterliche Willkür am eigenen Leib erfahren müssen.
Schubart, Sohn eines schwäbischen Dorfpfarrers, wurde nach diversen Veröffentlichungen 1777 verhaftet und 10 Jahre in den Kerker geworfen und Schiller wurde nach der Aufführung der Räuber1782 mit 14 Tage Arrest belegt und verließ kurz darauf seine schäbische Heimat. Dieser Ruf war nicht nur der Appell in der Zeit des „Sturm und Drang“. sondern gilt auch heute noch in Zeiten der Proteste z.B.in der Befreiung der arabischen Lander gegen ihre Diktatoren oder auch in den Protesten gegen die Macht der Banken.
Das spricht für das hohe moral-politische Abstraktionsniveau von „In Tyrannos“ als eines emotionalen Appells gegen jede schlechte gesellschaftlich-politische Wirklichkeit zu jeder Zeit , auch der unseren.
Ante Milas hat seine Ausstellung ebenfalls mit diesem Ruf überschrieben “ Kunst gegen die Herrschenden oder wie er selbst sagt – die Kunst in der Gewaltherrschaft“.
Damit meint er nicht die Kunst in der Tyrannei oder Diktatur, sondern die Situation der Kunst in der modernen Kulturpolitik und auf dem globalen Kunstmarkt.
Über Ante Milas
Ante Milas, 1953 in Ivanovac in Kroatien geboren wuchs in einer kinderreichen, streng katholischen Familie auf. Er besuchte eine Klosterschule jesuitischer Prägung und studierte Theologie in Zagreb die damals einzige Möglichkeit kostenlos zu studieren., eigentlich wollte er Priester und Missionar werden. Doch es kam anders.
1980 verließ er seine Heimat, kam nach Deutschland nach Bochum als Werkstudent bei Opel und studierte anschließend hier Theologie zu Ende.
Er entschloß sich dann seinem größten Wunsch zu folgen, er bewarb sich erfolgreich an der Kunstakademie in Düsseldorf. Hier studierte er Malerei bei Prof. Klapheck und absolvierte die Meisterschule der Grafikklasse von Prof. Eggenschwiler mit Meister-Auszeichnung. Seine Werke finden sich heute in der Schweiz und in Moskau ebenso wie in Dublin, Paris, Zagreb und dem Vatikan, erfolgreiche Ausstellungen führten ihn in das In- und Ausland.
In diesem kurzen biographischen Auszug werden die Fundamente des Spannungsbogens deutlich, der den Menschen und Künstler Ante Milas trägt.
Milas selbst sagt über seine Arbeit:
„Ich habe mir die postmoderne Freiheit genommen, die Kunst als das Ganze aus Gegenwart und Tradition aufzufassen, und wenn notwendig, die längst vergangenen Bildtopoi der christlichen Kunst zu aktualisieren, die in dem heutigen Bewusstsein noch verschütteter sind als die heiligen Straßen von Karnak und Babylon.“
Eduard Beucamp, der Kulturkritiker der FAZ urteilte einmal… „die Kunst ist unmerklich von der klassischen, der individualistischen, emazipatorischen, kritischen und utopischen Moderne hinübergeglitten in eine geglättete Moderne des Massenkonsums, des Geniekults, der Marktkampagnen und des Medienerfolgs. Und alle scheinen zufrieden.“ und an anderer Stelle fordert Beaucamp, die Künstler auf ..“ befreit euch von der Befreiung und den Befreiern, damit ihr wieder frei werdet für persönliche Erfahrungen und neue Selbstentwürfe“
Dies verdeutlicht Milas auch mit dem Titel „Ars in tyrannos“, es geht Milas ,wie er sagt, wieder um die Freiheit und die Befreiung der Kunst , das Selbstverständnis des Künstlers als den Heros, der mit allem und jedem brach, und damit der Tradition, der Gesellschaft, der Religikon die ästhetischen Maßstäbe setzt und nicht auf den Kunstmarkt und das Schaffen für den Verkauf schielt.
Milas hat sich sich diesem allgemeinen Trend entzogen und geht seinen eigenen Weg. Er hat sich im Sinne Beaucamps befreit.. Wobei er – wie sein Lebensweg selbst zeigt -, zwischen religiösen, mysthischen Themen und Alltagsthemen hin und her springt und auch politische Themen – wie z.B.die Umweltprobleme -nicht auslässt, und dabei persönliche Erfahrungen und Gedanken in sein Werk einfließen lässt.
So zeigt sein Werk auch in der heutigen Ausstellung 3 große Themen Bereiche- -,die Milas immer wieder in Variationen aufgreift:
- religiöse Themen , er hat in der jungen Vergangenheit vor allem durch ein 110 Quadratmeter großes Triptychon für die Heilig-Kreuz-Kirche in Fulda von sich reden gemacht, und arbeitet zurzeit wieder an einem Altarbild, dessen Vorstudien hier zu sehen sind
- Alltagsszenen, Kneipe in Düsseldorf, Cafe Jerusalem oder Cafe Strawinsky
- Umweltthemen verbunden oft mit Anspielungen zur antiken Mythologie und Philosophie, z.B. Wald , Wasser
Einen besonderen Aspekt in seinen Arbeiten stellt m.E. das Wiederaufgreifen einzelner Themen dar., so z.B. in der Bildfolge: „Erinnerungen an die Altstadt“ oder „Cafe Jerusalem“
Inhaltlicher Ausgangspunkt dieser langen Bilderfolge ist ein Altstadtlokal in Düsseldorf, das Ante Milas in immer neuen Abwandlungen als gut gefüllten Treffpunkt von Leuten und Typen charakterisiert. Das Grundlagemuster des Bildes und die Mitnahme von Realerinnerungen bleiben durch die gesamte Serie hindurch gewissermaßen konstant., wobei die Serie sich im zeitlichen Abstand erheblich wandelt, durch Licht, Atmosphäre, Stilsprache, Farbigkeit und Material.
Dieses Nebeneinander-Sehen von Themen in ihren Variationen zeigt sich auch in den verschiedenen Darstellungen eines Ausschnitts aus der Mensa in der Kunsthochschule Düsseldorf. In dem er Stilelemente von Hopper, Mondrian und Klapheck aufgreift und vom reinen Leinwandbild über die Collage bis hin zum dreidimesionalen Bild das Thema variiert.
Wer sich länger mit den Bildern beschäftigt, merkt, dass sich die Menschen , die zwar in einem vollen Raum sitzen und stehen, nicht unterhalten, sich nicht einmal anschauen, sie sind trotz der Gemeinschaft allein.
Auch in dem Bild Cafe Jerusalem – eine Anspielung auf Immendorfs Cafe Deutschland – sind in dem Cafe Menschen verschiedener Religionen versammelt, aber sie sprechen nicht miteinander, sie leben nebeneinander her, wie die Kirchen heutzutage.
Diese Verlorenheit und Einsamkeit , teilweise an Hopper erinnernt, zeigt sich auch in den Bildern “ Hinter der Jalousie“ oder „Trennungstendenzen“
In seinen christlich, mythologischen Bildern greift Milas Themen aus der Bibel ebenso auf wie aus der griechischen Mythologie. Dabei hat der Glaube als Antriebsfeder seines Schaffens eine herausragende Stellung.
Er arbeitet gerade wieder an einem Altarbild und Vorstudien zum Altarbild des heiligen Geistes sind hier zu sehen, wobei das Motiv der heiligen Dreifaltigkeit mit dem Symbol der Sonne als Quell des Lebens den Ausgangspunkt bildet und verschiedene Bildpassagen teilweise mit einer ornamentalen Textstruktur gestaltet werden.
Milas hat diese Bilder bewusst in den für die Größe der Bilder recht schmalen Flur gehängt, so dass der Betrachter das Gefühl bekommt in das Bildgeschehen hineingezogen und wie er sagt- evtl. geläutert oder bekehrt zu werden.
„Ars in Tyrannos“
Milas Bilder sind Themen, Situationen, Zeit und Raum, Ausdruck von Gegenwart und Vergangenheit, von Herkunft und Zukunft, von Ruhe und Ordnung, von Sehnsucht und Hoffnung. Milas Bilder haben eine eigene unverwechselbare künstlerische Sprache:
Sie entziehen sich dem Zeit- und damit dem aktuellen Kunstgeist, es geht um Freiheit und die Befreiung , wie er selbst sagt um seine Kunst, die die Freiheit als Begeisterung im Sinne von „Begeistigung“ im Hegelschen Sinne versteht.
Dr.Gert Buhren